Schadenfreude ist die reinste Freude
17. Juni 2010


Schadenfreude ist die reinste Freude, und die wollen wir in den nächsten Zeilen genüsslich zelebrieren. Die Ausgangslage für das Auftaktsspiel der Schweizer Fussballnationalmannschaft gegen Spanien an der Fussballweltmeisterschaft war so klar wie das Wasser eines klaren Bergbachs an einem schönen Sommertag: In 105 Jahren hat die Schweiz kein einziges Mal gewonnen. Auch wenn der spanische Sommer bereits zwei Jahre zurückliegt – Raphael Nadal löste damals Roger Federer als Nummer 1 in der Tennis Weltrangliste ab, Alberto Contador gewann die Tour de France und Spanien die Fussballeuropameisterschaft – galten die Spanier als haushohe Favoriten, von den letzten 49 Länderspielen (seit Anfang 2007) hatten sie nur eines verloren. Kein Wunder, weckte dies den Machismo. Es waren wenig schmeichelhafte Worte, welche die spanischen Fussballer und Medien für die Schweiz übrig gehabt hatten. Viele Experten sehen denn auch aufgrund dieser eindrücklichen Zahlen die Spanier als logische Weltmeister.

Das Ergebnis der Direktbegegnung erinnerte wieder an einen Bergbach mit seinem kalten Wasser. Während des Spiels hatten die Spanier 73 Prozent Ballbesitz und spielten drei mal mehr Pässe, die Quote ihrer erfolgreichen Pässe war doppelt so hoch wie die der Schweizer, der durchschnittliche spanische Spieler lief während des Spieles 10 Kilometer, der Schweizer Spieler deren Elf. 24 Torschüsse konnten die Iberer verbuchen, doch die Schweiz gewann mit 1:0 Toren. Glück war mitdabei, in der 70 Minute traf Xabi Alonso die Latte; Pech gehörte ebenso dazu, Eren Derdiyok hätte in der 74. Minute auf 2:0 für die Schweiz erhöhen können, doch er traf nur den Pfosten.

Einem wilden Bergbach gleich stürmten nach dem Spielende völlig unhelvetisch die begeisterten Schweizer die Strassen. Eine jubelnde Menschenmasse zog die Zürcher Langstrasse hinab; als wären sie Italiener, kurvten die Eidgenossen in ihren Autos hupend und fahnenschwingend durch die Strassen. Da soll einer nochmals sagen, die Schweizer wären ein einig Volk von Griesgramen.–

Die Spanier hätten vorgewarnt sein sollen, denn mit ihrem Sieg gegen Spanien hat die Schweiz nun fünf WM-Partien ohne Gegentor absolviert, etwas, was zuvor nur Italien 1990 gelungen ist. Während die spanische Mannschaft ratlos auf die Niederlage reagiert, hat die ihre Öffentlichkeit bereits den Schuldigen bzw. die Schuldige gefunden: die Reporterin Sara Carbonero, die Freundin des spanischen Torhüters Iker Casillas. Spielerfrauen und Freundinnen dürfen das spanische Team nicht begleiten. Ausser Carbonero, die als Sportreporterin arbeitet. Und so schrieben enttäuschte Bloger, dass Casillas wohl an seine Freundin gedacht habe, als die Schweizer das Tor schossen. Man merke sich: der Machismo stirbt zuletzt.

A propos Schadenfreude: Die Migros versprach in ganzseitigen Inseraten, dass sie im Falle eines Sieges der Schweizer 10 Prozent Rabatt auf das ganze Sortiment geben würde. Bei einem geschätzten Tagesumsatz von 50 Millionen Franken sind die 5 Millionen Franken. Heute, am Folgetag des erfolgreichen Turnierauftaktes für die Schweizer, gewährte die Migros auch den Rabatt. Der erste Schweizer Sieg über Spanien wird in die Marketinglehrbücher eingehen, denn die Verantwortlichen hatten mit Bestimmtheit nicht damit gerechnet, dass sie auch ihr Versprechen halten müssten. Und so schwingt schlussendlich gleich doppelte Schadenfreude über den angeknacksten Machismo der Spanier und die statistisch nicht eingeplante Rabattaktion der Migros mit.




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