zum Schreiben
23. Januar 2013


Das überarbeiten des Manuskripts von «Noxius» ist zugleich eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sprache. Eine neuformulierte Szene verleiht dem Erzählrhythmus Schwung, die Suche nach einem noch treffenderem Synonym verbessert die Semantik einer Aussage, das Feilen an einer Passage lässt kleine Kunstwerke entstehen.

Die vielen Wendungen und Ausdrücke, welche der Duden als schweizerisch bezeichnet, lassen nach und nach die Erkenntnis dämmern, des Deutschen mächtig zu sein und dennoch nicht aus seiner Haut hinaus zu können, Schweizer bleibt offensichtlich Schweizer. Die sture Verwendung von Entrée und Réception mögen als Helvetismus durchgehen und vor einem gnädigen Lektorat bestehen, zumal die Geschichte in der Schweiz spielt. Gleich verhält es sich mit der Verwendung einzelner Mundartausdrücke zur Untermalung des Lokalkolorites der Situation, in dem man einem schimpfenden Bündner «So an Calöri!» und einem erstaunten Berner «Potz Heiterefahne!» in den Mund legt.

Manchmal ist es auch die schweizerdeutsche Abneigung dem Deutschen, insbesondere der Hochsprache, gegenüber, die einem Helvetismen verwenden lässt. Es zeigt sich aber auch klar, dass Schreiben nicht nur ein individueller Prozess ist, sondern dass sich die regionale Färbung der Ausdrucksweise und der Sprache des Schreibenden nicht aus einem Text bringen lassen, obwohl man sich für belesen hält und die Hochsprache gelernt hat. Thomas Mann blieb in Davos ein Deutscher, selber wird man kaum zum Deutschen, nicht mal wenn man Hamburg leben würde. Pässe und Identitäten können ändern, trotz deutscher Muttersprache verwandelt man sich nicht in einen Sprachdeutschen.

Mit dieser Erkenntnis redigiert sich das Manuskript anders und sie eröffnet andere Perspektiven. Es geht nicht mehr nur darum, seine eigene Sprache und seinen Stil zu finden und zum Schriftsteller deutscher Feder zu werden, also nicht bloss mit seiner Schreibe den sächsischen Lesern nur die Schweiz mit ihren Eigenheiten und ihre Multikulturalität zu vermitteln, sondern mit dieser zu verschmelzen und eins zu werden. Ohne sich dabei an seine Herkunft und sein gedachtes Publikum anzubiedern und ohne seine Identität aufzugeben. Die Authentizität als Kulturschaffender erreicht man, in dem man sich selber bleibt.






frühere Einträge
:
Sprachbetrachtung: Puff – 12. Januar
Kapitänsschiff – 9. Januar
in der Agentur – 28. November 2012

folgende Einträge:
Zürich Höngg, Perser – 25. Januar
beim Einkaufen – 26. Januar
Zürich, Prime Tower – 28. Januar


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