Was ist peinlicher: klassische Musik oder Önologie? Bei der ersten berufen sich Musiker auf ihre Lehrmeister, die dem gewöhnlichen Konsumenten ein Leben lang unbekannt und wohl auch den meisten Insidern nicht einmal ein Begriff sind. Aber vielleicht sind wir mit der schlichten Information, dass XY seine Ausbildung bei AB erhalten hat, überfordert. Bei zweiter schmecken die Fachleute den grössten Aromencocktail aus dem Wein, dabei handelt es sich um vergorenen Traubensaft. Pfirsich, Erdbeeren oder Litschi haben wir nur im Wein geschmeckt, wenn wir einen solchen Wein als Bowle getrunken haben. Warum können bei der Musik und beim Wein nicht einfach der Genuss im Vordergrund stehen? Bei einer Albumbesprechung von Stephan Eicher vergleichen wir den Musiker auch nicht ständig mit Elton John, Kylie Minogue und Luciano Pavarotti, sondern fokussieren uns auf das vorliegende Album und versuchen es in seinem Katalog einzuordnen, vielleicht mit einem Hinweis auf ein früheres Werk im Kanon, weil dort schon einmal ein Thema aufgenommen worden war, oder sich der Künstler explizit darauf beruft. Denn wenn ein Wein tatsächlich nach Ananas, Fichtennadeln oder Eichensplittern schmecken würde, dann ist er schlicht ungeniessbar, weil etwas in der Produktion arg schief gelaufen ist.
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