Zürich, Kunsthaus
23. März 2017


Treffpunkt für das Gespräch mit Kuno Lauener ist das Kunsthaus Restaurant. Morgen erscheint das neue Album «Love». Textlich ist es ein Meisterwerk, selbst für den Literaten unter den Schweizer Rockmusikern: das alternde Männergesicht mit dem Aussehen und der reifende Charakter mit all den Geduldsproben für das Umfeld mit einer Quitte zu vergleichen. Fast fühlt man sich mit Kuno Laueners Kompliment von ihm durchschaut. Aber auch die berndeutsche Adaption von Dylans «Don’t Think Twice (It’s Allright)» zu «Mir wey nid grüble (s’isch scho rächt)» grosse Klasse. Musikalisch erfreuen die verstärkten Gitarren der neuen Bandmitglieder. Kunos Gesang könnte noch etwas mehr Variationen ertragen.

Da das Restaurant lärmig ist, hat Sylvie über Mittag Abklärungen getroffen, das Interview könnte im Miró-Garten stattfinden. Ich führe Kuno vom Restaurant zum provisorischen Eingang beim Vortragssaal und zeige dazwischen auf die Baustelle auf und hinter dem Heimplatz: Vier Krane tanzen vis-à-vis, hinter sechs Autospuren und zwei Fussgängerinseln mit Tram- und Bushaltestellen ihr Schwerarbeiterballett für den Erweiterungsbau, eine Verdoppelung der Ausstellungsfläche entsteht auf der anderen Seite des Pfauen. Kuno ist beeindruckt ob der Grösse der Baustelle.

Setzen uns an die Frühlingssonne – am Abend sollte ich einen Sonnenbrand haben – ins Eck zwischen Miró-Wand und den Milchglasfenstern. Vor Wind gut und vor dem Stadt- (Ambulanzen Trams und Helikopter) und Baulärm notdürftig geschützt, führen wir unser Gespräch. Doch worüber spricht man beim fünften Interview? Zumal auf der eigenen Webseite im vergangenen Jahr mit einem Mal die Berichte über Züri West und die Gespräche mit Kuno allesamt unter den 100 meistgelensten Artikeln befanden? Dass vier Jahre nach der letzten Veröffentlichung Züri West gesucht werden, spricht für die Band, dass dabei die eigene Webseite offensichtlich zur Reverenz wird, freut. Noblesse oblige, nicht zueletzt, da wir zum ersten Mal nur eine halbe Stunde statt deren eine oder mehr (Erinnerung an den anschliessenden Studiobesuch) zur Verfügung haben und wir für das «Loop» auch noch Hausaufgabenfragen zum 20-Jahr-Jubiläum des M4Music-Festivals haben… Interview im Kunsthaus Restaurant – weshalb nicht den Ort ins Gespräch einbauen und dafür weitere wertvolle Interviewminuten opfern?

Bildbetrachtungen mit Kuno Lauener im Kunsthaus. Was sagt der Rockmusiker zu Picassos Gitarre, Van Goghs Selbstporträt mit verbundenem Ohr und dem Höllentor von Rodin? Zum ersten Mal hat Kuno auf das Gegenlesen des Interviews bestanden, er hatte kaum Änderungen, aber bei den Bildbetrachtungen war die spontane meistens besser als die redigierte:

Pablo Picasso: Gitarre auf einem Tischchen (1915)
Das ist von Picasso. Ganz klar eine Gitarre. Ich würde sagen, es ist eine Les Paul, Jahrgang 1913. Ich erkenne noch einen Notenständer. Und der Rest ist ein Produkt seiner Inspiration. Ist die Inspiration nur für dich, oder war sie auch schon für Picasso da? Ich war einmal in Paris im Musée Picasso. Dort ist diese witzige Skulpturen aus einem Velosattel, die Gitarren und die Torros, das ist wirklich cool. Kunst inspiriert mich.

Selbstporträt: Vincent Van Gogh mit bandagiertem Ohr
Kunos O-Ton: «Ich sehe ein Selfie, das sehr lange gedauert hat. – Es ist krass und drastisch. Er hat sich sein Ohr abgeschnitten, was ich nicht nachvollziehen kann. Er war irgendwie ein Getriebener. Heute würde man ein Selfie machen. Van Gogh hat während paar Stunden unter grossen Schmerzen sein Spiegelbild porträtiert.»

Von Lauener redigierte Fassung: «Das ist ein sehr krasses Bild, und ich kann nicht nachvollziehen, wie und warum man sich ein Ohr abschneidet. Van Gogh hat während paar Stunden unter grossen Schmerzen sein Spiegelbild porträtiert. Heute würde er wohl ein Selfie machen.»

Auguste Rodin: Höllentor
Kunos O-Ton: «Das ist imposant – und da ist doch der Denker in Miniaturform. Ich kann aber nicht sagen, ob ich da eher hinein oder lieber hinaus möchte. Ich würde mir das auf jeden Fall sehr gut überlegen, ob ich in die Hölle eintreten würde. Hier sehe ich mich selber als den Denker über den Türflügeln.»

Von Lauener redigierte Fassung: «Das ist imposant – und da ist doch der Denker in Miniaturform. Ich kann aber nicht sagen, ob man durch diese Türe eher hinein oder lieber hinaus möchte.





frühere Beiträge
:
Zürich, Miró-Garten, Kunsthaus – 23. März
Zürich, Europabrücke – 13. März
Pfarrhaus des Schreckens – 12. März


folgende Beiträge:
der Twin-Peaks-Moment – 26. Mai
unterwegs – 26. September
Münchner Runde – 26. September



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