«Ich lese zum ersten Mal vor so vielen Leuten, die an keine Lesung gegangen sind», scherzte Martin Suter bei Stephan Eichers diesjährigem Live-At-Sunset-Konzert. Dass man bei Eichers Zürcher Konzerten nie weiss, was einem erwartet, ist ein offenes Geheimnis. Weshalb nicht eine literarische Lesung einbauen?

An diesem Abend spielte Eicher rund die Hälfte der Songs aus dem «Song Book», während Martin Suter dazwischen las, wie es zu dieser Künstlerfreundschaft und zu den einzelnen Songs kam. Kennengelernt haben sie sich beim Strahlen im schlechten Wetter, woraus 2007 der Hit «Weiss nid was es isch» wurde, der auf dem Album «Eldorado» erschien. Beim Konzert, aber auch auf «Song Book» wurde der Song neu arrangiert und neu aufgenommen. Zwar schreiben Suter und Eicher, dass die Texte frei erfunden sind, wie dies in jeder guter Autobiografie wäre. Der Text von «Weiss nid was es isch» als Song über eine Bergwanderung im Nebel zu deuten macht auf jeden Fall, unbesehen davon, ob sich nun Stephan Eicher und Martin Suter beim Strahlen, Wandern oder bei einem kulturellen Anlass kennengelernt haben.

Songzyklus in Mundart
Stephan Eicher ist sehr belesen und Martin Suter hatte schon mehrere hundert Songs geschrieben, bevor Stephan Eicher vor zehn Jahren begann einzelne davon zu vertonen. Allen Fans von Stephan Eicher und Martin Suter ausserhalb von der Deutschschweiz sei der Hinweis mitgegeben, dass das Album ein Songzyklus in Mundart ist. Dies macht es umso spezieller in Eichers Katalog, da er nicht zu den Mundartmusikern gezählt wird, obwohl seine Neuinterpretation des «Guggisberglieds» ein Klassiker wurde und seine Coverversion von Mani Matters «Hemmige» die Franzosen ebenso entzückt hat wie die Schweizer. Und hätte Martin Suter auf Züridütsch geschrieben, wäre er kaum zum kommerziell erfolgreichsten Schweizer Schriftsteller geworden.

Ihr gemeinsames «Songbook» umfasst 17 Mundartsongs, drei davon neuinterpretiert: «Weiss nid was es isch» mit Banjo, «Du» mit dem Chor Molto Cantabile und «Zrügg zu mir» in einer Klavierversion. Mit Suters Songs ein eigenes Album einzuspielen, macht Sinn, «Nur um Di», «Gang nid eso» und «s’alte Paar» hätten auf jedes Eicher-Album gepasst, die anderen kommen vor allem in diesem Songzyklus zur Geltung. Musikalisch zurückhaltend arrangiert, mit klassischen Instrumenten instrumentiert, ist das «Song Book» etwas Einmaliges in Eichers Werk. Jedoch mit 17 Songs zu lange.

Anfang 2018 sind Eicher und Suter auf gemeinsamer Lese- und Spieltour.



Rijn Overard, Martin Suter und Stephan Eicher beim Live At Sunset am 8. Juli 2017.