Welches ist wohl das unbekannteste Stück von Paul McCartney? Mit der Annahme, dass es sich um eine seiner klassischen Kompositionen handeln muss, wird man richtig liegen. Der Choral «Nova», der ausschliesslich auf dem Benefizalbum «A Garland For Linda» aus dem Jahr 2000 zu finden ist, dürfte es wohl sein.
Unterstützung für die Krebsforschung
«A Garland for Linda» ist ein Benefizalbum für die Anti-Krebs-Organisation Garland Appeal. Gegründet durch den englischen Geschäftsmann Steven Connock, der selber eine Krebserkrankung überstanden hatte, ist der Garland Appeal eine Fundraising Organisation, die die Krebsforschung unterstützt und auch die Verbesserung der Lebensqualität durch Musik.
Linda McCartney erkrankte Mitte der 1995 an Brustkrebs, der zunächst geheilt schien. Pauls McCartneys 1997er-Album «Flaming Pie» erzählt u.a. davon. Doch der Tumor hatte Metastasen gebildet, woran Linda im April 1998 starb. In der Folge legte Paul McCartney ein Trauerjahr in, während dem er kaum Musik machte, sondern seinen Verlust zusammen mit der Familie zu verarbeiten versuchte. Connock hatte McCartney kontaktiert, ob er den Namen Linda McCartney für Fundraisingzwecke benützen dürfe. Paul stimmte zu und sagte auch zu, dass er etwas musikalischen dazu beitragen möchte. «Ich stürze mich immer auf Projekte, wenn sie mich ansprechen», erklärte Paul in einen Interview, «und dieses hat mich quasi angesprungen». Paul schrieb «Nova» in der zweiten Hälfte seines Trauerjahres, von November 1998 bis Mai 1999.
Im Frühling 1999 fand ein Gedenkkonzert für Linda McCartney statt, bei dem Songs von Paul und Linda gesungen wurde. U.a. trat bei dem Konzert Elvis Costello auftrat, mit dem Paul Ende der 1980er-Jahre Songs schrieb, die auf Costellos und McCartneys Alben erschienen.
Paul und Linda McCartney im April 1991 bei der Lancierung von Linda McCartney Foods, die vegetarische und heute auch vegane Tiefkühlprodukte herstellen.
«A Garland For Linda» versammelt Werke von neun zeitgenössischen klassischen Komponisten wie John Rutter, Roxana Ranufnik oder Sir Richard Rodney Bennet, John Taverner sowie «Silence And Music» von Ralph Vauhagn Williams, das er zur Krönung von Queen Elisabeth 2 komponiert hatte. «Ich dachte, ich schreibe etwas. Und wenn es nicht gut genug wäre, würde ich mich entschuldigend von Projekt zurückziehen», so Paul. «Ich wollte nicht zu viel darüber nachdenken, sondern diese kleine Inspiration notieren.» So entstand «Nova», das seine Premiere am 18. Juli 1999 bei einem Benefizkonzert in der Memorial Chapel of Chartehouseschool in Godalming (Surrey) für den Garland Appeal hatte.
der Text
Paul McCartney hatte wenig Erfahrung im Umgang mit klassischer Musik und den Gepflogenheiten. So berichtete Paul von einer Unterhaltung mit John Taverner: «(…) fragte mich: ‹Woraus stammt dein Text?›. Ich sagte ‹Ich habe ihn selber geschrieben, John.› Und er sagte: ‹Oh.›. ‹Ich weiss es nicht besser, John›, sagte ich ihm.» Taverners Verwunderung stammt daher, dass die Regeln bei einem Liederzyklus sind, dass ein Komponist den Text eines anderen Autors vertont. «Ich wusste nicht, dass verlangt ist, es selber zu tun», so Paul weiter. Es ist ein Glück, dass er den Text selber verfasst hat.
McCartneys Antwort auf die Gretchenfrage
«Nova» dürfte nicht nur das unbekannteste Stück von Paul McCartney sein, sondern auch eines der persönlichsten und intimsten, worin er am Einblick in seine damalige Gefühlslage vermittelt. So hadert Paul im Text mit Gott wie die Psalmisten und fragt ihn wo er wäre. Und Gott gibt ihm die Antwort, dass er hier bei ihm wäre und mehr noch in allem um ihn herum. Dies erinnert an Hiob 38, wo Gott mit Gegenfragen Hiob antwortet. Paul McCartney ist nicht Hiob, doch er hat Gottes Botschaft ebenfalls verstanden und verbreitet sie in seinem ihm eigenen Optimismus: Gott sei hier und umgebe ihn im allem. Er wäre auch in jedem Song, den er sänge.
McCartney äussert sich als globaler Star kaum zu Gott , da er Fans ausserhalb des westlich-christlich geprägten Kulturkreises nicht vor den Kopf stossen möchte. Sowohl John Lennon als auch George Harrison waren diesbezüglich eindeutiger. «Nova» jedoch, das Pauls Ringen mit Gott dokumentiert, ist McCartneys öffentliches Glaubensbekenntnis. Nicht in einem Popsong auf einem Rockalbum oder einem Interview dazu, sondern in einem klassischen Choral.
Paul und Linda McCartney ca. 1989. Postkarte des 1998 aufgelösten Paul McCartney Fun Club.
Howard Sounes beschreibt in seiner McCartney-Biografie «Fab», wie sehr Paul von Lindas Tod mitgenommen wurde. Die Bewohner von Rye in Sussex hätten ihren bekanntesten Mitbürger kaum wiedererkannt, gebeugt, weisshaarig und sichtlich gealtert wäre er oft stundenlang in der Kirche anzutreffen gewesen. Sounes Schilderung ist glaubwürdig, da er nichts von Musik versteht und in seinen Musikerbiografien auch kaum darüber schreibt, dafür all die boulevardesken Geschichten weiterverbreitet. Paul McCartney war bei seiner Rückkehr in die Öffentlichkeit 1999, ein Jahr nach Lindas Tod, tatsächlich sichtbar gealtert und hat wie 67 und nicht wie 57 ausgesehen.
Wir wissen nicht, ob und wie Paul und die sterbende Linda Trost in der Bibel gefunden haben. «Nova» erinnert mit seinem Ringen mit Gott stark an das Buch Hiob und die Trauerpsalmen im alten Testament. Und solcherart schreibt man nicht ohne Kenntnis davon. Nachfolgend publizizieren wir den Text:
Are You there?
God where are You?
Are you hiding in Your heaven?
Or beneath Your deepest sea?
Was there something in our past imperfect?
Is it something that we should have known?
God where are You?
Are you hiding God?
Are you hiding in the rain?
Are you hiding?
Are you there?
I am here
I am here in everysong you sing
In the wings of a rising lark
Through the darkness to the morning light.
I am here as first a new born babe opens eyes on the universe
I am here
I am here now
I am with you
I am here as ev’ry flake of snow
washing white the countryside.
As each green blade stretches for teh sun.
I am here watching over them.
I am here as first a new born babe opens eyes on the universe
With each step I'll be taht arm that guides
now and then 'til the end of time.
Amen
die Mitwirkenden und die Aufnahme
Der Dirigent und Chorleiter Peter Broadbent, dessen Repertoire vom Barock bis zur zeigenössischen Musik reicht und mit den Mozart London Players, dem English Chamber Orchestra, der City Of London Sinfonia oder den BBC Singers arbeitete, gründete 1999 die Joyful Company Of Singers, mit denen er «A Garland For Linda» einspielte. Die englische Flötistin Philippa Davies spielte auf John Rutters «Musica Dei donum» und Giles Swayne «The Flight Of The Swan» Flöte, Robert Cohen war auf letzterem der Cellist.
Da Paul McCartney keine Noten lesen kann, kopmponierte er «Nova» wie alle seine klassischen Kompositionen auf dem Computer. Für die Arrangements und Orchesterstimmen benötigt er jeweils Hilfe, beim «Liverpool Oratorio» beispielsweise war es Carl Davies. Aber auch bei seinen Songs ist Paul auf Arrangeure angewiesen, George Martins Beiträge zu «Yesterday» oder «Eleanor Rigby» seien hier erwähnt. «Nova» arrangierte John Harle.
die einzelnen Stücke:
 Ralph Vaughan Williams: Silence And Music
 John Taverner: Prayer for the Healing of the Sick
Judith Bingham: Water Lilies
John Rutter: Musica Dei donum
David Matthews: The Doorway of the Dawn
Sir Paul McCartney: Nova
Roxana Panufnik: I dreame’d
Michael Berkeley: Farewell
Giles Swayne: The Flight OF The Swan
Sir Richard Rodney Bennett: A Good-Night
die Versionen
EMI Classics veröffentlichte das Album weltweit. Für die Radiostationen wurde eine Promosingle mit Prayer for the Healing of the Sick, Musica Dei donum und Nova veröffentlicht. Zudem wurde ein Promoalbum «Selections form A Garland For Linda veröffenlicht mit vier Stücken produziert Käufer der amerikanischen Kette Warehouse Music erhielten eine Bonus CD mit drei Stücken, die das Loma Mar Quartett bei einem Charity-Dinner am 27. April 2000 im New Yorker Supper Club eingespielt hat. Das Loma Mar Quartett hatte 1999 mit Paul McCartney «Working Classical» eingespielt.
Das London Symphony Orchestra nahm unter der Leitung von John Wilson, eine Orchesterfassung von «Nova» in den Londoner Abbey Road Studios für das Benefizalbum «Music Of Hope» der American Cancer Society auf, das 2001 erschien. Wilson arbeitete «Nova» in die Orchesterfassung um.
Rezeption und Statistik
Es liegt in der Natur der Sache, dass Benefiz-Alben kaum in den Hitparaden auftauchen, nicht zuletzt, da sie wenig mediale Beachtung erfahren. So erreichte «A Garland For Linda» immerhin in den englischen Klassikcharts den 9. Rang.
Paul McCartney 1998, gesehen von Mick Hudson.
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Tracklist:
Silence And Music
Prayer For The Healing Of The Sick
Water Lilies
Musica Dei donum
The Doorway Of Dawn
Nova
I Dream’d
Farewell
The Flight Of The Swan
A Good-Night
Promoalbum
Highlighs From A Garland For Linda
Tracklist
Prayer For The Healing Of The Sick
Musica Dei donum
Nova
Bonus-CD für
Warehouse Music
mit dem Loma Mar Quartett
Tracklist
Nova
I Dream’d
Prayer For The Healing Of The Sick
A Good-Night
Orchesterfassung 2001:
Music Of Hope
Tracklist
Music Of Hope
Elegy: The Great Peconic
Why Shouldn't I?
Watch Hill
Nova
Wind Song
Sarabande
Amazing Grace
Paul McCartney gibt im Herbst 1995 die Krebserkrankung von Linda bekannt.
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