Sonntagnachmittag in Zürich
27. Oktober 2013


Arbeite das fünfte Wochenende am Stück durch. Vater ist aus den Ferien zurück und erstellt das Gut zum Druck «Einig – aber nicht einheitlich», kommt allerdings nicht so schnell vorwärts, wie er es gedacht hat. Zum Mittagessen gehen wir bewusst raus, um eine Stunde Pause zu machen. Die Industriezone um die Buckhauserstrasse ist wie ausgestorben. Landen nach einem Umweg über die Pizzeria beim Utogrund, die erst am Abend öffnet und uns deshalb eine halbe Stunde kostet, in der Brasserie 8048 beim Lindenplatz. Vater ist verzweifelt, dass wir die das Gut zum Druck niemals bis am Abend fertig bringen werden. Habe damit gerechnet und schlage ihm vor, anstatt am Dienstag erst am Donnerstag nach Regensburg zu fahren und die Daten am Mittwoch auf den Server der Druckerei zu laden. Vater überschlägt seine Agenda und stimmt zu. Die Anspannung weicht, die Nachtschicht mit drohender Freinacht ist passé und wir geniessen das Züri Gschnätzlete mit Rahmsauce, Rösti und Gemüse. Auf uns warten bloss noch sechs oder sieben Stunden Arbeit.

Eine Dreiviertelstunde später verlassen wir gestärkt die Brasserie. Bei der Tramhaltestelle warten so viele Leute auf den Zweier stadteinwärts wie zur Rushhour. Für die zwei Stationen das Tram zu nehmen, kommt uns nicht in den Sinn und so folgen wir der menschenleeren Badenerstrasse. Autos hat eskeine, wie ich erst beim Niederschreiben feststelle. Als wir die Saumackerstrasse kreuzen, ist auch diese menschenleer, in Richtung Bahnhof Altstetten sehe ich den Wasserwerfer der Polizei stehen und zeige ihn Vater. Wir wundern uns über das mitten auf einer leeren Quartierstrasse stehenden Kampfgefährt.

Keine Minute später überholt uns der Wasserwerfer. Es folgen ihm zwei Busse mit Polizisten in Kampfmontur und bis auf die Zähne bewaffnet. Erreichen zeitgleich mit den Mannschaftsbussen die Kreuzung Badener-, Luggwegstrasse, sie gleicht einer Strassensperre in einem Kriegsgebiet. Wir müssen an der Ampel warten, obwohl kein Verkehr mehr fährt. Dafür kommt vom Zollfreilager her ein weiterer Mannschaftsbuss mit Polizisten. Er hält und spuckt über ein Dutzend Polizisten aus, die im Laufschritt in Richtung Europabrücke eilen. Die anderen Busse folgen dem Wasserwerfer an der VBZ-Zentralwerkstätte vorbei in Richtung Emil Frey Garage. Irgendwo hinter der Garage knallt es, Sirenen erklingen, dann knallt es erneut. Eine Signalrakete steigt in die Luft. Der Wasserwerfer biegt gefolgt von einem Mannschaftsbus in die Flurstrasse. Polizisten auf ihren Motorrädern rasen vorbei. Die angespannte Atmosphäre ist mit den Händen greifbar.

Und doch ist die Szenerie bizarr. Dreihundert Meter stadteinwärts nach der sonntäglichen Ruhe in der Brasserie finden Vater und ich uns unvermittelt in einer Strassenschlacht wieder. Trotz der Spannung haben wir keine Angst. Auf dem Trottoir sind wir ein paar Zentimeter über dem Strassenniveau und beobachten die Ereignisse wie Zuschauer im Kino. Ein Polizist hat den Verkehr stadtauswärts angehalten. Es knallt nochmals. Weitere Polizisten eilen die Luggwegstrasse hinab. Ich schaue ihnen nach und entdecke zweihundert Meter weiter eine Gruppe schwarzgekleideter Personen mit rotblauen Fahnen. Die Basler sind in der Stadt, sie spielen gegen den FCZ. –






frühere Beiträge
:
Zürich, Europabrücke – 17. Oktober
Zürich, Europabrücke – 16. Oktober
zurück – 14. Oktober


folgende Beiträge:
Feiertag – 28. Oktobber
Regensburg – 4. Novmber
in der Druckerei –5. November



zurück zu 2013
zurück zur Blogübersicht
VzfB-Home



© 2013 by VzfB. All Rights reserved.