Kalimandscharo: Eindrücke aus dem Reisebus

3. April 2018


Nach der Mittagsrast in Speyer fahren wir weiter. Wir lassen Heidelberg rechts und Mannheim links von der Autobahn liegen. Frankfurt umfahren wir in grossem Bogen, geniessen die Silhouette der Metropole von weitem. Ich erinnere mich an die Buchmesse 2006, als wir zufällig eine Medienkonferenz mit Günther Grass anlässlich des Erscheinens von «Beim Häuten der Zwiebel» erlebten – Silvio Blatter, der zur selben Zeit in derselben Halle mit «Eine unerledigte Geschichte» war, sass einsam am Stand seines Verlages.

Schon am Vormittag, aber auch jetzt, fallen mir die vielen Lastwagen mit Anhänger auf: gewöhnliche Spediteure, Tanklaster, immer mal wieder Autolaster, aber auch Personenwagen mit Anhänger, einer zieht ein Boot, ein Gewerbetreibender einen kleinen Anhänger, der die Fracht mit einer Persenning abdeckt und ein Bauunternehmer, der einen kleinen Bagger transportiert. Das aussergewöhnlichste Gespann bildet sicher der blaue VW Passat, der eine Kutsche auf einem Anhänger transportiert. Ja, ich fahre gerne über Land, ob mit der Bahn, im Auto oder im Car. Der Bus hat den Vorteil, dass er ruhig fährt, aber die Lastwagen überholen kann. Ich kann stundenlang, so wie heute, am Fenster sitzen und die Landschaft vor mir vorbeiziehen lassen. Gerade das Fahren im Reisebus hat einen meditativen Charakter, da er mit Tempo 100 nicht zu schnell unterwegs ist.

Irgendwo auf der Autobahn nach Bad Hersfeld, auf einer kleinen Anhöhe, steht am Strassenrand ein braunes Schild mit dem Namen Nadelöhr, was für Erheiterung sorgt. Es ist der Hinweis auf drei Sandsteinblöcke Form eines kleinen Häuschens mit einem Satteldach. Der Volksmund sagt: «Wer durch das Nadelöhr kriecht, der bleibt gesund». Zum gleichen Zweck war es auch üblich, Geldstücke unter das Nadelöhr zu legen. Vom Nadelöhr aus erreicht man die Hammundseiche, ein Naturdenkmal, das früher «Dicke Eiche am Nadelöhr» hiess. Der etwa 25 Meter hohe Baum ist zwischen 400 bis 600 Jahre alt.

Wir fahren weiter: kurz darauf erregt rechter Hand ein weisser Tafelberg Aufsehen. Es ist der Monte Kali, im Volksmund Kalimandscharo genannt, er überragt die umliegenden Hügel um 200 Meter. Der Abbau von Kali beiderseits der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze war und ist auch heute noch ein Umweltproblem. Und doch ist der Kalimandscharo, der an einen flachgedrückten Mont Ventoux erinnert, ein Tourismusziel. Es hat ein Bergbaumuseum und man kann Klettern.

Danach wird die Landschaft waldig, der Thüringer Wald begrüsst uns. Die ehemalige Grenze ist kaum mehr feststellbar, es fehlen die Wachtürme, nach bald dreissig Jahren ist der Verlauf eine von dutzenden Schneisen im Wald. Die Grenze wird aber mit Tafeln an der Autobahn gewürdigt. Wir nähern uns unserem Etappenziel Eisenach.


Der Kalimandscharo im sonst lieblichen Werrtal.


 

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Mittagsrast in Speyer – 3. April
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in der lieben Stadt – 4. April
wo einem der Teufel erscheint – 4. April




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